In umfassenden ökologischen, ökonomischen, sozialen oder technischen Systemen erfordert die hohe Komplexität der Zusammenhänge und die Vielzahl der Einflußfaktoren und Aspekte, nach denen ein System beurteilt werden kann, eine umfassende und vor allem transparente Vorgehensweise in der Bewertung. Zugleich stellt sich die Frage, ob Bewertungen, die prinzipiell eher subjektiv gefällt werden, in einem formalisierten Verfahren stattfinden können.
Dem im Rahmen der Systemtheorie von Bossel formulierte Orientorenansatz (Bossel 1977) liegt die Idee zugrunde, daß für selbstorganisierende Systeme handlungsleitende Werte und Normen existieren, die für die Suche nach Veränderungsstrategien und bei der Auswahl von Handlungsalternativen herangezogen werden können. Ausgehend vom "Orientorenansatz" wurde im ersten Teilprojekt "Entwicklung einer wissensbasierten Bewertungskomponente zur Beurteilung komplexer Systeme" ein theoretisches Konzept für die Entwicklung von Bewertungsverfahren vorgelegt (vgl. Ballhause u.a. 1995, S. 5ff), welches in eine prototypische Implementierung von Teilen des Konzeptes mündete (vgl. ebenda Anhang 2, S. 45 ff).
Das zweite Teilprojekt "Wissensakquisition für ein taxonomisches Modell und Entwicklung einer Bewertungskomponente zur Unterstützung von WAVES" wurde mit dem Ziel durchgeführt, die Anwendung der Bewertungskomponente in der Praxis zu erproben. Hierzu wurde eine Kooperation mit dem Forschungsprojekt "Water Availability and Vulnerability of Ecosystem and Society" (WAVES) eingegangen. Der hier vorliegende Projektbericht mit seiner Konzentration auf die inhaltlich-problembezogenen Aktivitäten gründet sich auf Erfahrungen mit der Wissensakquisition in Zusammenarbeit mit Experten aus vier Teilprojekten des WAVES-Projektes. Anhand von Aussagen aus Experteninterviews zum Thema "Wasserverfügbarkeit und Migration" werden Vorgehen und Analyseschritte zur Erstellung eines Kausalmodells dokumentiert sowie ein Vorschlag zur Entwicklung einer Bewertungskomponente beschrieben. Die strukturellen Bezüge der Aspekte und Begriffe wurden im Hyper-WAVES-System dokumentiert. (Seit Ende 97 nicht mehr über Internet verfügbar.)
Neben diesen Vorarbeiten für die Entwicklung eines themenbezogenen Bewertungssystems, standen Fragen der fachübergreifenden Kommunikation in interdisziplinären Projekten im Vordergrund. Die Erfahrungen im Verlauf des Projektes haben gezeigt, daß die Entwicklung eines von den beteiligten Akteuren akzeptierten Bewertungsverfahrens die kontinuierliche und ernsthafte Zusammenarbeit aller voraussetzt. Im Kapitel zur Interdisziplinarität wird auf Kommunikationsanforderungen und Probleme, die aus den strukturellen Hindernissen des Verbundprojektes erwuchsen, eingegangen.